Der Bücherblog

Kindermann Verlag: Weltliteratur für Kinder

Die Buchreihen Weltliteratur für Kinder und Poesie für Kinder erzählen klassische Stoffe wie Komödien, Dramen und Gedichte kind- und erwachsenengerecht nach. Die Bücher sind zwar dafür gedacht Kindern die Welt der Literatur nahe zu bringen, allerdings sind sie auch hervorragend geeignet wenn man nur mal in solche Werke reinschnuppern möchte, um zu wissen worum es überhaupt geht.

Das Prinzip ist bei allen Bänden das gleiche, der Inhalt des Werks wird in einfacher aber schöner Sprache nacherzählt, zwischendurch fließen auch Textstellen aus dem Original ein. Die Bearbeitung eignet sich sowohl zum vor- als auch zum selber lesen und gibt einen Einblick in das Schauspiel oder Gedicht, ohne dass man sich an so schwierige Texte wagen muss. Durch die Mischung aus Nacherzählung und Zitaten bekommt man auch eine Ahnung von der Sprache die die Dichter benutzt haben – und bei manchen „geflügelten Worten“ erkennt man auf einmal den Zusammenhang.

Obendrein ist die Aufmachung der Bände wirklich schön, sie sind großformatig (ca. Din A4), und liebevoll mit Illustrationen bebildert die teils klassisch angehaucht, teils aber auch mit modernen Elementen bespickt sind. Hier eine kleine Auswahl aus dem Programm:

Ein Sommernachtstraum ist eine Komödie fürs Theater von William Shakespeare. Im Wald des Elfenkönigs Oberon und seiner Frau Titania stiftet der Kobold Puck aus Oberons Gefolge Unruhe und Verwirrung, indem er Elfen und Menschen mit Liebeszaubern belegt. Schließlich sind vier junge Menschen aus dem nahen Dorf alle untereinander unglücklich verliebt, ein Dorftrottel der mit seiner grottenschlechten Theatergruppe im Wald proben wollte wird von Puck mit Eselskopf und -schwanz ausgestattet – und in den verliebt sich dann auch noch Titania unter Einfluss von Pucks Liebestrank. Ein heilloses Chaos entsteht und nach dessen Auflösung gipfelt die Geschichte in der wohl schlechtesten Theateraufführung die die Welt je sah.

Goethes Faust, die Geschichte vom unzufriedenen, einsamen Gelehrten, der sich für Wissen und Erkenntnis mit dem Teufel Mephisto einlässt, einbettet ist die Liebesgeschichte zwischen dem Doktor Faust und seiner Grete. Die gruseligen Elemente der Handlung sind kindgerecht verpackt und es wurde ein Happy End angehängt. Die Illustrationen bieten viele kleine Details die die Bilder auch für junge LeserInnen interessant machen, wie den Punker in der Gaststätte in der Mephisto Wein und Feuer aus den Tischkanten regnen lässt, bevor er mit Faust auf einem Weinfass zur Tür hinaus reitet. Wer noch mehr über die Handlung lesen möchte kann dafür einen Blick in meinen Artikel zum Original werfen.

Der Zauberlehrling ist ein Gedicht von Goethe in dem ein Zauberschüler sich die ihm aufgetragenen Arbeiten erleichtern will, indem er sich an den Zauberkünsten seines Meisters versucht. Als er Badewasser einlassen soll während der Magier unterwegs ist, erweckt er einen Besen zum Leben und schickt ihn das Wasser holen. Doch der hört nicht mehr auf, ist gar nicht mehr zu stoppen! Als der junge Nachwuchszauberer ihn mit der Axt zerteilt werden daraus sogar zwei Besen die mit vereinten Kräften immer wieder die Wassereimer füllen. Die Situation gerät außer Kontrolle und das Haus steht schließlich unter Wasser als der Hexenmeister zurück kehrt und die Besen in die Schranken weist.

Es gibt vom Zauberlehrling auch eine kindgerechte Verfilmung von Walt Disney, mit Mickey Mouse in der Hauptrolle. Die musikalische Untermalung ist selbst auch schon eine Vertonung des Gedichts von dem Franzosen Paul Ducas.

Weitere Bände aus dem Kindermann Verlag sind zum Beispiel:

Shakespeares Drama über den dänischen Prinzen Hamlet, der nach dem unnatürlichen Tod seines Vaters merkt, dass etwas faul ist im Staate Dänemark.

Romeo und Julia, die wohl größte und dramatischste Liebesgeschichte überhaupt.

Goethes Schauspiel vom schweizerischen Freiheitskämpfer Wilhelm Tell als spannende Abenteuergeschichte aufbereitet.

Das Gedicht Ich weiß nicht was soll es bedeuten über die Loreley, die schöne und gefährliche Sirene des Rheins, von Heinrich Heine

Der Kindermann Verlag wurde von Barbara Kindermann gegründet, ein Teil der Bearbeitungen wurde auch von ihr selbst ausgeführt.

Martin Suter: Allmen und die Libellen

Der Protagonist Hans Fritz von Allmen alias Johann Friedrich von Allmen alias John Allmen ist ein Lebemann und Feingeist wie er im Buche steht. Sein Vater hat ihm ein Millionenerbe vermacht, das er beinahe komplett auf den Kopf gehauen hat. Bescheidenheit ist für ihn ein Fremdwort und finanziell brenzlig wird es erst, wenn man kein Geld mehr für ein Abonnement von Opernkarten hat. Das Anwesen seines Vaters musste er wie so viele andere Kostbarkeiten veräußern, aus diesem Grund lebt er auch im Gärtnerhaus des Anwesens mit lebenslangem Wohnrecht. Allmen genießt sein Leben in vollen Zügen, obwohl er es sich eigentlich gar nicht erlauben kann.

Carlos aus Guatemala war sein Diener als er es sich noch leisten konnte und ist ihm auch treuergeben als er es nicht mehr kann. Eines Tages lernt er die heißblütige Joëlle Hirt kennen mit der er in der Seevilla ihres Vaters eine wilde Nacht verbringt. Am nächsten Morgen bereut er die Nacht, aber er entdeckt in der Villa kostbare Glasschalen – Libellen genannt – die sein Interesse wecken. Kurzerhand stiehlt er eine der Glasschalen und verkauft sie einem ihm bekannten Antiquitätenhändler. Hier nimmt die Geschichte ihren Lauf: Allmens Leben gerät in Gefahr, wird auf sonderbare Weise gerettet und er entwickelt eine grandiose Idee wie er zu einem regelmäßigen Einkommen kommen kann ohne übermäßige Anstrengungen.

Ich habe mich sofort in den Charakter John Allmen verliebt, er ist so charmant und ein Mann der alten Schule. Martin Suter beschreibt Allmen so toll, dass ich ihn ganz klar vor meinem geistigen Auge sehen konnte. Das betrifft auch die Geschichte im ganzen, beim Lesen habe ich richtige Fernsehbilder gesehen. Der Charakter Allmen ist als Fortsetzungsroman angelegt und ich bin schon sehr gespannt, was uns Martin Suter in der nächsten Geschichte erzählt.

Allmen und die Libellen von Martin Suter ist im Diogenes Verlag erschienen.

Thomas Mann: Der Tod in Venedig

Diesmal möchte ich eine besondere Empfehlung geben, nämlich ein Buch nicht zu lesen! Der Inhalt in Kürze:

Der alternde Komponist Gustav von Aschenbach reist in einer Schaffenskrise zur Ablenkung nach Venedig. Dort begegnet er einer Reisegruppe von Jungen in Begleitung einer Gouvernante, ein Junge namens Tadzio fällt ihm sofort ins Auge wegen seiner besonderen Schönheit und Anmut. Am Strand fällt ihm während er ihn beobachtet auch gleich eine tolle neue Komposition ein. Aber statt diese Inspiration weiter zu nutzen und darauf aufzubauen, wird er von der Beobachtung und Verfolgung des Jungen immer eingenommener und besessener und seine Absichten und Gedanken immer sexueller in ihrer Natur.

Während es in der Stadt immer schwüler und drückender wird, kommen Gerüchte auf, dass sich die Cholera ausbreitet. Er hört davon und schafft es doch nicht die Reisegruppe zu warnen, statt dessen stirbt er selbst an der Krankheit, am Strand während er dem Jungen hinterher glotzt.

Das ganze ist ein typischer Künstlerroman, eine Studie über eine feinsinnige Person in einer Krise ihres Lebens. Es behandelt auch das beliebte Thema des nüchtern und rational denkenden Menschen, bzw. des Feingeistes dessen geordnetes Leben aus den Fugen gerät. Aber während dieses Motiv in Goethes Faust in einer schwierig zu lesenden aber eigentlich sehr rasanten Story, im Homo Faber von Max Frisch wenigstens noch irgendwie nachvollziehbar und in Hermann Hesses Der Steppenwolf modern jugendlich geschildert wird, schafft es Thomas Mann daraus ein quälend langweiliges Lehrstück zu machen. Er schreibt zwar auf höchstem schriftstellerischem Niveau aber den Spannungsbogen hält er durchgehend auf Normalnull. Die ach so feinsinnige Hauptperson ist einfach ein totlangweiliger Typ der im wohl ersten Urlaub seines Lebens Ansätze von pädophilen Neigungen entwickelt und dem Leser damit tierisch auf den Senkel geht.

Christoph Marzi: Lycidas

In diesem Buch geraten zwei Waisenmädchen, Emily Laing und ihre Freundin Aurora, in die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Völkern, die unterhalb der Stadt London leben. Über alte verlassene U-Bahntunnel gelangt man in eine Welt unter der Erde, eine Stadt unter der Stadt, genannt die Uralte Metropole. Dort leben sprechende Ratten, gefallene Engel, Werwölfe und Elfen und Menschen, deren Adelshäuser immer wieder miteinander in Konflikt geraten.

Als ein Kleinkind von Werwölfen aus dem Waisenhaus entführt wird flüchtet Emily in der Verwirrung aus dem fürchterlichen Haus. Sie begegnet einer sprechenden adligen Ratte, die sie zu dem Alchemisten Wittgenstein bringt. Der nimmt sie unter seine Fittiche und hat im weiteren Lauf der Geschichte reichlich Gelegenheit ihren Beschützer zu spielen, dabei kommen Informationen über Emilys Herkunft ans Licht die zeigen, dass ihr noch eine wichtige Rolle zufallen wird.

Das Buch ist ein spannend erzählter Fantasyroman von überbordender Fabulierlust, allerdings werden dem Leser einige Dinge bekannt vorkommen wenn man Neil Gaimans Niemalsland gelesen hat. Sowohl die londoner Stadt unter der Stadt, bei Gaiman Unterlondon, die Ratten als angesehene Adlige sowie einzelne Charaktere scheinen sehr stark von dort inspiriert worden zu sein. Es scheint als habe Marzi kurzerhand Gaimans Grundideen samt den wichtigsten Elementen der Geschichte genommen und das ganze mit eigenen Ideen erweitert und mit eigenem Erzählstil neu aufbereitet. Trotzdem kann das Ergebnis überzeugen als guter Unterhaltungsroman.

Jules Verne: Die Reise zum Mittelpunkt der Erde

Die Reise zum Mittelpunkt der Erde ist ein Abenteuerroman wie ich ihn mir immer vorgestellt habe. Wir haben hier drei Hauptcharaktere: den berühmten Geologen und Mineralogen Otto Lidenbrock, seinen Neffen Axel und den Eiderentenjäger Hans Bjelke. Axel ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte.

Otto Lidenbrock ist mit Verlaub gesagt etwas wahnsinnig. Der Professor hat ein Manuskript von Snorri Sturluson erworben, in diesem Manuskript entdeckt er eine verschlüsselte Nachricht mit der er aber erstmal nichts anfangen kann. Kurzerhand beschließt er Martha (die Küchenhilfe),Axel und sich selber solange im Haus einzuschließen, bis sie die Nachricht entschlüsselt haben – Axel schafft es schließlich. Sie besagt, dass es die Möglichkeit gibt zum Mittelpunkt der Erde zu reisen. Professor Lidenbrock lässt sich nicht lange bitten und macht sich sofort von Hamburg per Schiff auf den Weg nach Island. Er zwingt seinen sehr ängstlichen Neffen Axel ihn zu begleiten. Den schweigsamen Hans engagiert er als ortskundigen Begleiter, der rettet den beiden mehr als einmal das Leben. Der erloschene Vulkan Snaeffelsjökull soll der Zugang zum Mittelpunkt der Erde sein und hier nimmt das Abenteuer seinen Lauf.

Jules Verne ist am 8 Februar 1828 in Nantes geboren und am 24 März 1905 in Amiens gestorben. Die Reise zum Mittelpunkt der Erde ist erstmalig 1864 erschienen unter dem Originaltitel Voyage au Centre de la terre, die deutsche Übersetzung erschien dann 1873.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und bin gut unterhalten worden, wenn man Klassiker lesen möchte ist Die Reise zum Mittelpunkt der Erde ein guter Einstieg. Beim Lesen der Lektüre hat man das Gefühl,  man könnte tatsächlich zum Mittelpunkt der Erde reisen, so plausibel ist alles erzählt.