Der Bücherblog

Archiv für die Kategorie 'Humor'

Jonas Jonasson: Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Allan Karlsson lebt in einem schwedischen Altenheim, soll an diesem Tage seinen hundertsten Geburtstag feiern – und hat überhaupt keine Lust darauf. Statt dessen beschließt er seinem Leben wie so oft in der Vergangenheit eine neue Wende zu geben, klettert heimlich aus dem Fenster seines Zimmers im Erdgeschoss und haut ab. Am Busbahnhof lässt er noch einen Koffer mitgehen, den ein unbekannter Mann ihm „zu treuen Händen“ gegeben hat und dann fährt er ins Blaue, soweit das Geld in seiner Tasche reicht.

Das ganze entwickelt sich zu einer Art Roadmovie bei dem sich Allan noch ein paar skurrile Lebenskünstler anschließen, verfolgt von einer kriminellen Rockerbande, die den gestohlenen Koffer will und von der Polizei – weil Allan bei seiner Flucht ein paar Leichen hinterlässt…

Dieser Handlungsstrang wird immer wieder unterbrochen durch Rückblicke auf Allans langes Leben. Als völlig unpolitischer Mensch gerät er immer wieder in die Mühlen der großen Weltpolitik und begegnet auf den kuriosesten Wegen den großen Staatsführern von West- und Ostblock. Dabei versucht er sich eigentlich aus jeder Form von Politik herauszuhalten und verändert doch immer wieder auf seine ganz eigene Art den Lauf der Welt.

Wochenlang Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste, jede Menge sehr guter Kritiken von den verschiedensten Seiten, was soll man zu diesem Buch noch sagen?

Ganz einfach: Lesen!

Patrick Süskind: Der Kontrabaß

Der Kontrabass bildet das Fundament des Orchesters und geht doch im Gesamtklang unter. Der Bassist ist der unauffällige und unscheinbare Hinterbänkler der nie durch Soli glänzen kann. Ein solches Solo ist dieses Buch, eigentlich ein Theaterstück für genau einen Schauspieler. Es ist genial geschrieben und einfach lustig, wenn der Kontrabassspieler über die Hassliebe zu seinem Instrument schwadroniert, die Probleme des Hinterbänklers schildert der in die Topsopranistin verschossen ist und dabei zwischendurch die passenden Platten auflegt.

Allerdings wird dieser Witz wohl für Leser ohne ausreichendes Wissen über klassische Musik nicht nachvollziehbar sein. Es ist für dieses Buch/Theaterstück auf jeden Fall hilfreich sich in diesem Bereich etwas auszukennen, vielleicht sogar selbst ein Instrument zu spielen. Ansonsten bekommt man zwar recht schnell die Strukturen und die Rolle des Bassisten im Orchester mit (und versteht damit die Grundidee der Handlung), aber die Musikbeispiele muss man wenigstens zum Teil kennen und er erklärt sie auch in Musikfachsprache und daher nicht für jeden verständlich.

Jochen Malmsheimer: Halt mal, Schatz

Nach Achtung Baby! von Michael Mittermeier möchte ich jetzt noch ein Buch über das Vater werden vorstellen, das ich noch erheblich amüsanter fand als das von Mittermeier.

Der Untertitel dieses Buches lautet Alles über die Planung, Kiellegung, Stapellauf und Betrieb eines Babys, es fängt also bei der Entschlussfassung ein Kind zu bekommen an und reicht bis zum ersten Geburtstag des Nachwuchses. Dazwischen geht es auch noch um Geburtsvorbereitungskurse, deren Nutzen im Ernstfall, Namensgebung, Krabbel- und Jungvätergruppen usw. usf. Die Themen sind denen in Mittermeiers Buch sehr ähnlich, aber Jochen Malmsheimer hat eine ganz andere Art zu schreiben. Er schreibt in einer verschachtelten Sprache mit endlosen Sätzen, würzt das ganze mit Fremdworten und veralteten Vokabeln. Diesen Stil treibt er so auf die Spitze, dass man einfach nur schreien könnte vor lachen. Auch die Wortwahl ist sehr schön gewählt, so nennt er seine Frau „Die Einzige“ und sein Kind „Die Frucht seiner Lenden“ etc.

Man merkt seinem ganzen Stil an, dass er vom Kabarett kommt und so verteilt er auch Seitenhiebe in alle möglichen gesellschaftlichen und politischen Richtungen. Das macht seinen Humor ein gutes Stück abwechslungsreicher als den in Achtung Baby! da Mittermeier sich ein bisschen zu oft an Filmzitate und -vergleiche hält.

Um die Neugier noch ein wenig mehr anzufachen hier ein paar Zeilen aus dem zweiten Kapitel, nachdem er sich entschieden hat seiner Einzigen den Kinderwunsch mitzuteilen:

Dann hielt ich inne, sann nach und ließ mich wieder zurückfallen. Wie denn stellt man diese Frage überhaupt, wenn man die Politur des Morgens nicht verkratzen und die Liebste nicht zum abrupten Aufstehen nötigen will, um somit das Unterfangen durch Flucht der Hauptperson schon vor dem eigentlichen Beginn scheitern zu lassen?

Wie erklärt man der Einzigen, dass man ein Kind will?

Und das auch noch von ihr.

Und nicht geschenkt, sondern auf die klassische Art und Weise, also mit Geburt und allem.

Und Windeln.

Und Geschrei. Und monatelangem Stillen.

Und partiellem Berufsverzicht. Und Nachtschlafmangel. Und mit Verlust aller sozialen Kontakte.  […]

Und nichts ist mehr wie sonst.

Und das für immer.

Als ich so weit gedacht hatte, ließ mein Kinderwunsch, den ich bereits über Jahre verspürt und liebevoll gepflegt hatte, plötzlich ganz sachte nach, aber nur, um Sekunden später in seiner ganzen Pracht erneut zu erblühen. Jetzt aber deutlich wider besseres Wissen.

Ich richtete mich auf, wandte mich der Einzigen zu, die mich verschlafen, aber liebevoll anblinzelte, und sagte: „Guten Morgen, Liebling.“

Das war, wie ich fand, eine einigermaßen unverfängliche Eröffnung. Ich war bemüht, mir meinen Impetus nicht anmerken zu lassen, aber auch ihre frühmorgendliche halbschlafbedingte Wehrlosigkeit so weidlich als irgend möglich auszunutzen.

Ich denke dieser kleine Ausschnitt spricht für sich, ich kann das Buch jedenfalls empfehlen, insbesondere Lesern die bereits Eltern sind, es bald werden oder irgendwann einmal werden wollen.

Alan Bradley: Flavia de Luce Mord im Gurkenbeet

Es geschieht ein Mord auf Buckshaw, dem Anwesen der Familie de Luce. Ein Toter liegt im Gurkenbeet, mit dem Mann hat sich Colonel de Luce ein paar Stunden zuvor heftig gestritten. Diesen Streit habe Flavia de Luce und der Hausangestellte Dogger mitbekommen. Alles spricht dafür, dass der Colonel der Mörder ist und kurz danach wird er auch wegen dringendem Tatverdacht festgenommen. Flavia, die elfjährige und jüngste Tochter beginnt mit ihren eigenen Ermittlungen. Ihrem Weg säumen Zauberer, schwarze und orange Briefmarken und allerlei sonstige ungewöhnliche Ereignisse, die sie alsbald selbst in Lebensgefahr bringen.

Flavia ist elf Jahre alt, total altklug und neugierig und sehr, sehr fies zu ihren älteren Schwestern Daffy und Feely. Ihr liebstes Hobby ist die Chemie, die sie in ihrem eigenen Labor zelebriert – im Klartext: sie ist eine kleine Giftmischerin. Ihre Schwestern müssen immer als nichtsahnende Versuchskaninchen für diverse giftige (aber einigermaßen ungefährliche) Cremes oder Lippenstifte herhalten. Außerdem ist sie eine begnadete Hobbydetektivin, was sie hier vortrefflich unter Beweis stellt. Sie erinnert in meiner Phantasie äußerlich ein bisschen an Wednesday Addams, was aber wohl an dem Coverbild liegt.

Ich mag den Charakter der Flavia sehr, obwohl mir normalerweise so altkluge Kinder auf den Wecker gehen, zum Beispiel in den Büchern Die Karte meiner Träume oder in Extrem laut und unglaublich nah. Ich denke das liegt daran, dass ich in Flavia trotz aller Gescheitheit immer noch das Kind erkennen kann.

Die Geschichten mit Flavia sind als Serie angelegt. Der zweite Teil Mord ist kein Kinderspiel ist schon veröffentlicht und wird meine nächste Lektüre sein. Der dritte Teil Halunken, Tod und Teufel erscheint im Oktober.

Mord im Gurkenbeet ist im Penhaligon Verlag erschienen.

Elke Heidenreich/Quint Buchholz: Nero Corleone kehrt zurück


Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass hier einfach die Geschichte des schwarzen Katers Nero Corleone weiter erzählt wird, aber dem ist nicht so. Vielmehr geht es hier darum, wie sich Isoldes und Roberts Leben weiter entwickelt hat und wie sich die beiden im Laufe der Jahre verändert haben.

Rückblende: Vor vielen Jahren haben Isolde und Robert den Kater Nero und die Katze Rosa aus dem Urlaub in Italien mit nach Köln genommen. Als sie dann wieder Urlaub in Italien gemacht haben, hat sich Nero entschlossen in Italien zu bleiben und Robert und Isolde sind mit Rosa alleine nach Köln zurückgekehrt.

Isolde ist nach Italien zurückgekehrt und möchte ihr Leben vielleicht von nun an dort verbringen, sie und Robert haben sich getrennt. Die beiden haben aber dennoch weiterhin Kontakt. Isolde ist mittlerweile mit Justus liiert wobei sie aber noch nicht weiß, ob er denn jetzt der richtige ist.

Ob ihr Wunsch Nero wieder zu sehen in Erfüllung geht müsst ihr selber herausfinden! Ich kann für diese Buch eine absolute Leseempfehlung geben.

Nero Corleone von Elke Heidenreich mit wunderschönen Illustrationen von Quint Buchholz ist im Hanser Verlag erschienen.