Der Bücherblog

Archiv für die Kategorie 'Klassiker'

John Irving: Owen Meany

Dieser Roman erzählt von einer Jugend an der amerikanischen Ostküste der fünfziger und sechziger Jahre und von einer ungewöhnlichen Freundschaft. Gleichzeitig setzt er sich kritisch mit dem Vietnamkrieg und der damaligen amerikanischen Außenpolitik auseinander und hat durch die Parallelen im Irak und in Afganistan in den letzten Jahren ungewollt neue Aktualität gewonnen. Ein drittes großes Thema ist Glaube und Religion, sowohl die kirchlichen Institutionen als auch der persönliche Glaube als tiefe innere Überzeugung.
Der Erzähler John Wheelwright wächst in der Stadt Gravesend auf (welch bezeichnender Name). Sein bester Freund wird Owen Meany, der in jeder nur erdenklichen Form heraussticht, kleinwüchsig, nie in den Stimmbruch gekommen und mit der schrillen Stimme eines Kindes ausgestattet. Owen hat zwar schon früh ein gespaltenes Verhältnis zu kirchlichen Institutionen, dafür aber umso tiefere innere Überzeugungen.
Als er zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben beim Baseball einen vernünftigen, kräftigen Schlag zustande bringt, tötet der Ball Johns Mutter, Owen ist sich sicher an dem Tag Gottes Werkzeug gewesen zu sein. Später hat er Träume, die er als Visionen ansieht. In diesen Träumen sieht er seinen Tod voraus und ist überzeugt, dass es genauso kommen wird wie er es träumt. Er arbeitet regelrecht darauf hin am richtigen Tag am richtigen Ort zu sein, in Vietnam. Dort glaubt er wird er wie in seinem Traum Kinder vor einer Bombe retten.
John erzählt diese Geschichte in Rückblicken aus seiner neuen Heimat Kanada, die doch nie seine wirkliche Heimat geworden ist. Immer wieder regt er sich über die anmaßende, verlogene Politik der USA auf, schwört sich endlich keine Tageszeitungen von dort mehr zu kaufen um sich endlich darauf konzentrieren zu können echter Kanadier zu werden. Aber er kann nicht anders als immer wieder zurück zu blicken.
Was ihn aufrecht hält ist der Glaube den er früher nie so recht hatte und den ihm erst Owen Meany mit seinem Tod gegeben hat.

John Irving ist einer der großen amerikanischen Erzähler und hat mit Owen Meany einen vielschichtigen, aber noch gut lesbaren Roman verfasst. Er hält darin der amerikanischen Gesellschaft wohl mehr als einen Spiegel vor Augen und übt durch seinen Hauptcharakter herbe Kritik an der Außenpolitik der USA und den Kriegsansprachen ihrer Präsidenten. So viel scheint sich seit dem nicht geändert zu haben und so kommen dem Leser viele Passagen aus neuerer Zeit bekannt vor. Schon daran sieht man, dass Irving hier wichtige und bleibende Themen anspricht, die er in einem genau beobachtenden Roman verarbeitet.

Kindermann Verlag: Weltliteratur für Kinder

Die Buchreihen Weltliteratur für Kinder und Poesie für Kinder erzählen klassische Stoffe wie Komödien, Dramen und Gedichte kind- und erwachsenengerecht nach. Die Bücher sind zwar dafür gedacht Kindern die Welt der Literatur nahe zu bringen, allerdings sind sie auch hervorragend geeignet wenn man nur mal in solche Werke reinschnuppern möchte, um zu wissen worum es überhaupt geht.

Das Prinzip ist bei allen Bänden das gleiche, der Inhalt des Werks wird in einfacher aber schöner Sprache nacherzählt, zwischendurch fließen auch Textstellen aus dem Original ein. Die Bearbeitung eignet sich sowohl zum vor- als auch zum selber lesen und gibt einen Einblick in das Schauspiel oder Gedicht, ohne dass man sich an so schwierige Texte wagen muss. Durch die Mischung aus Nacherzählung und Zitaten bekommt man auch eine Ahnung von der Sprache die die Dichter benutzt haben – und bei manchen „geflügelten Worten“ erkennt man auf einmal den Zusammenhang.

Obendrein ist die Aufmachung der Bände wirklich schön, sie sind großformatig (ca. Din A4), und liebevoll mit Illustrationen bebildert die teils klassisch angehaucht, teils aber auch mit modernen Elementen bespickt sind. Hier eine kleine Auswahl aus dem Programm:

Ein Sommernachtstraum ist eine Komödie fürs Theater von William Shakespeare. Im Wald des Elfenkönigs Oberon und seiner Frau Titania stiftet der Kobold Puck aus Oberons Gefolge Unruhe und Verwirrung, indem er Elfen und Menschen mit Liebeszaubern belegt. Schließlich sind vier junge Menschen aus dem nahen Dorf alle untereinander unglücklich verliebt, ein Dorftrottel der mit seiner grottenschlechten Theatergruppe im Wald proben wollte wird von Puck mit Eselskopf und -schwanz ausgestattet – und in den verliebt sich dann auch noch Titania unter Einfluss von Pucks Liebestrank. Ein heilloses Chaos entsteht und nach dessen Auflösung gipfelt die Geschichte in der wohl schlechtesten Theateraufführung die die Welt je sah.

Goethes Faust, die Geschichte vom unzufriedenen, einsamen Gelehrten, der sich für Wissen und Erkenntnis mit dem Teufel Mephisto einlässt, einbettet ist die Liebesgeschichte zwischen dem Doktor Faust und seiner Grete. Die gruseligen Elemente der Handlung sind kindgerecht verpackt und es wurde ein Happy End angehängt. Die Illustrationen bieten viele kleine Details die die Bilder auch für junge LeserInnen interessant machen, wie den Punker in der Gaststätte in der Mephisto Wein und Feuer aus den Tischkanten regnen lässt, bevor er mit Faust auf einem Weinfass zur Tür hinaus reitet. Wer noch mehr über die Handlung lesen möchte kann dafür einen Blick in meinen Artikel zum Original werfen.

Der Zauberlehrling ist ein Gedicht von Goethe in dem ein Zauberschüler sich die ihm aufgetragenen Arbeiten erleichtern will, indem er sich an den Zauberkünsten seines Meisters versucht. Als er Badewasser einlassen soll während der Magier unterwegs ist, erweckt er einen Besen zum Leben und schickt ihn das Wasser holen. Doch der hört nicht mehr auf, ist gar nicht mehr zu stoppen! Als der junge Nachwuchszauberer ihn mit der Axt zerteilt werden daraus sogar zwei Besen die mit vereinten Kräften immer wieder die Wassereimer füllen. Die Situation gerät außer Kontrolle und das Haus steht schließlich unter Wasser als der Hexenmeister zurück kehrt und die Besen in die Schranken weist.

Es gibt vom Zauberlehrling auch eine kindgerechte Verfilmung von Walt Disney, mit Mickey Mouse in der Hauptrolle. Die musikalische Untermalung ist selbst auch schon eine Vertonung des Gedichts von dem Franzosen Paul Ducas.

Weitere Bände aus dem Kindermann Verlag sind zum Beispiel:

Shakespeares Drama über den dänischen Prinzen Hamlet, der nach dem unnatürlichen Tod seines Vaters merkt, dass etwas faul ist im Staate Dänemark.

Romeo und Julia, die wohl größte und dramatischste Liebesgeschichte überhaupt.

Goethes Schauspiel vom schweizerischen Freiheitskämpfer Wilhelm Tell als spannende Abenteuergeschichte aufbereitet.

Das Gedicht Ich weiß nicht was soll es bedeuten über die Loreley, die schöne und gefährliche Sirene des Rheins, von Heinrich Heine

Der Kindermann Verlag wurde von Barbara Kindermann gegründet, ein Teil der Bearbeitungen wurde auch von ihr selbst ausgeführt.

Thomas Mann: Der Tod in Venedig

Diesmal möchte ich eine besondere Empfehlung geben, nämlich ein Buch nicht zu lesen! Der Inhalt in Kürze:

Der alternde Komponist Gustav von Aschenbach reist in einer Schaffenskrise zur Ablenkung nach Venedig. Dort begegnet er einer Reisegruppe von Jungen in Begleitung einer Gouvernante, ein Junge namens Tadzio fällt ihm sofort ins Auge wegen seiner besonderen Schönheit und Anmut. Am Strand fällt ihm während er ihn beobachtet auch gleich eine tolle neue Komposition ein. Aber statt diese Inspiration weiter zu nutzen und darauf aufzubauen, wird er von der Beobachtung und Verfolgung des Jungen immer eingenommener und besessener und seine Absichten und Gedanken immer sexueller in ihrer Natur.

Während es in der Stadt immer schwüler und drückender wird, kommen Gerüchte auf, dass sich die Cholera ausbreitet. Er hört davon und schafft es doch nicht die Reisegruppe zu warnen, statt dessen stirbt er selbst an der Krankheit, am Strand während er dem Jungen hinterher glotzt.

Das ganze ist ein typischer Künstlerroman, eine Studie über eine feinsinnige Person in einer Krise ihres Lebens. Es behandelt auch das beliebte Thema des nüchtern und rational denkenden Menschen, bzw. des Feingeistes dessen geordnetes Leben aus den Fugen gerät. Aber während dieses Motiv in Goethes Faust in einer schwierig zu lesenden aber eigentlich sehr rasanten Story, im Homo Faber von Max Frisch wenigstens noch irgendwie nachvollziehbar und in Hermann Hesses Der Steppenwolf modern jugendlich geschildert wird, schafft es Thomas Mann daraus ein quälend langweiliges Lehrstück zu machen. Er schreibt zwar auf höchstem schriftstellerischem Niveau aber den Spannungsbogen hält er durchgehend auf Normalnull. Die ach so feinsinnige Hauptperson ist einfach ein totlangweiliger Typ der im wohl ersten Urlaub seines Lebens Ansätze von pädophilen Neigungen entwickelt und dem Leser damit tierisch auf den Senkel geht.

Jules Verne: Die Reise zum Mittelpunkt der Erde

Die Reise zum Mittelpunkt der Erde ist ein Abenteuerroman wie ich ihn mir immer vorgestellt habe. Wir haben hier drei Hauptcharaktere: den berühmten Geologen und Mineralogen Otto Lidenbrock, seinen Neffen Axel und den Eiderentenjäger Hans Bjelke. Axel ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte.

Otto Lidenbrock ist mit Verlaub gesagt etwas wahnsinnig. Der Professor hat ein Manuskript von Snorri Sturluson erworben, in diesem Manuskript entdeckt er eine verschlüsselte Nachricht mit der er aber erstmal nichts anfangen kann. Kurzerhand beschließt er Martha (die Küchenhilfe),Axel und sich selber solange im Haus einzuschließen, bis sie die Nachricht entschlüsselt haben – Axel schafft es schließlich. Sie besagt, dass es die Möglichkeit gibt zum Mittelpunkt der Erde zu reisen. Professor Lidenbrock lässt sich nicht lange bitten und macht sich sofort von Hamburg per Schiff auf den Weg nach Island. Er zwingt seinen sehr ängstlichen Neffen Axel ihn zu begleiten. Den schweigsamen Hans engagiert er als ortskundigen Begleiter, der rettet den beiden mehr als einmal das Leben. Der erloschene Vulkan Snaeffelsjökull soll der Zugang zum Mittelpunkt der Erde sein und hier nimmt das Abenteuer seinen Lauf.

Jules Verne ist am 8 Februar 1828 in Nantes geboren und am 24 März 1905 in Amiens gestorben. Die Reise zum Mittelpunkt der Erde ist erstmalig 1864 erschienen unter dem Originaltitel Voyage au Centre de la terre, die deutsche Übersetzung erschien dann 1873.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und bin gut unterhalten worden, wenn man Klassiker lesen möchte ist Die Reise zum Mittelpunkt der Erde ein guter Einstieg. Beim Lesen der Lektüre hat man das Gefühl,  man könnte tatsächlich zum Mittelpunkt der Erde reisen, so plausibel ist alles erzählt.

J. D. Salinger: Der Fänger im Roggen

Dies ist ein typisch amerikanischer Klassiker. Er ist aus Sicht eines 22-jährigen aus wohlhabendem Hause geschrieben, der zum wiederholten Mal von der Schule fliegt. Er will den Seelenzustand eines jungen Menschen in einer Phase der Orientierungslosigkeit beschreiben der unzufrieden ist mit so ziemlich allem, seinen Lehrern, seinen Mitschülern, allen anderen Leuten um sich herum. Er flucht innerlich über alles und jeden, alle kommen ihm wie Idioten vor und er selbst sich genauso. In der Schule hat er sich keine Mühe mehr gemacht, ist auch nach mehreren Verwarnungen bei seiner Verweigerungshaltung geblieben. Als er schließlich vor Weihnachten mitgeteilt bekommt dass er nach den Ferien nicht mehr wieder zu kommen braucht reist er zwei Tage früher als geplant in seine Heimatstadt New York. Die Erlebnisse in diesen zwei Tagen bis er sich traut in die Wohnung der Eltern zurück zu kehren nehmen einen großen Teil des Buches ein, er verbringt diese Zeit hauptsächlich damit sich über seine Mitmenschen aufzuregen und sich dabei selbst wie ein Idiot aufzuführen. Und damit bin ich auch schon bei meinem Urteil über dieses Buch:

Es gibt bestimmt Menschen die sich selbst im Ich-Erzähler wiederfinden und die sich im entsprechenden Alter genauso gefühlt haben. Aber es ist so übertrieben dargestellt dass zumindest ich mich nicht mit dem jungen Mann identifizieren kann. Ich habe aber allgemein keinen wirklichen Draht zu diesen typisch ostküsten-amerikanischen Schriftstellern mit ihren Psychostudien über gescheiterte Existenzen. Ich konnte schon mit William Tennessees Endstation Sehnsucht nichts anfangen und genauso wenig mit Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden usw. Ich finde diese Bücher ehrlich gesagt eher langweilig und dieses macht da keine Ausnahme.