Der Bücherblog

Archiv für die Kategorie 'Humor'

Michael Mittermeier: Achtung Baby!

Mittermeier erzählt in diesem Buch bühnenerprobt lustig über „wir sind schwanger“ und die Zeit danach. Er schreibt über Versuche ganz, ganz unauffällig einen Schwangerschaftstest zu kaufen, über die Angst ein „Arschlochkind“ zur Welt zu bringen und über Begegnungen der dritten Art mit anderen Eltern, die ihre verzogenen Kinder für kleine Genies halten.

Er berichtet von der Zeit lange vor der Familienplanung, als man sich noch so gar nicht bereit für Kinder fühlte, während die ganze bucklige Verwandtschaft immer schon nachgehakt hat, wann das denn mal was wird. Von dort geht es über die Probleme und Versuche schwanger zu werden wenn man dann endlich will, vom Auszählen der fruchtbaren Tage und den skurilen Situationen wenn die genau in eine Tournee fallen. Und natürlich über die Schwangerschaft selbst und die Veränderungen die Mann und Frau in diesen Monaten durchmachen.

Ich denke, ob man das Buch lustig findet, hängt sehr davon ab was man von Mittermeier hält. Wenn man seine Art grundsätzlich nicht mag wird man darüber auch in Schriftform nicht lachen können. Wenn man ihn andererseits in Natura schon zu oft gesehen hat wird einem dieses Buch nicht viel neues bieten. Wenn man aber wie ich den Mann an sich ganz witzig findet (nicht alles, aber einiges) und ihn nur ab und an mal auf der Mattscheibe gesehen hat, dann kann man sich bei dem Buch wirklich gut amüsieren. Ich hab jedenfalls viel gelacht und damit ist das Ziel erreicht.

Elke Heidenreich/Quint Buchholz: Nero Corleone

Nero Corleone von Elke Heidenreich mit Bildern von Quint Buchholz ist eine wunderschöne Geschichte von einem despotischen, Ehrfurcht einflößenden kleinen schwarzen Kater mit einer weißen Tatze. Er wohnt auf einem italienischen Hof und hat sein Revier fest im Griff.

Eines Tages wickelt er mit seinem „Charme“ ein deutsches Ehepaar um seine Tatze und sie nehmen ihn und seine schielende Freundin Rosa mit nach Köln, wo ganz neue Abenteuer auf Nero warten.

Nero Corleone ist im Carl Hanser Verlag erschienen.

Gilbert Adair: Mord auf ffolkes Manor

Es geschieht ein geheimnisvoller Mord im eingeschneiten Herrenhaus ffolkes Manor im schottischen Dartmoor. Der Besitzer Colonel Roger ffolkes hat zu Weihnachten Gäste geladen und einer davon, Raymond Gentry kommt blutig ums Leben – in einem von innen verschlossenen Raum ohne Einbruchspuren! Außer dem Colonel, Ehefrau Mary und Tochter Selina sind mehrere Hausangestellte im Herrenhaus, sowie die übrigen Gäste: Schauspielerin Cora Rutherford, Selinas Freund Donald Duckworth, Doktor Henry Rolfe und Madge Rolfe, Vikar Wattis und seine Frau Cynthia und zu guter letzt Evadne Mount, eine Schriftstellerin, die noch eine ganz entscheidene Rolle einnimmt. Eine dieser Personen muss der Mörder sein und der Colonel kommt auf die Idee seinen Nachbarn Chefinspektor Trubshawe, früher bei Scotland Yard tätig und jetzt in Rente, dazu zu holen um ihn zu entlarven.

Mord auf ffolkes Manor ist ein Kriminalroman im Stil von Agatha Christie, der aber zugleich auch eine Parodie ist, gespickt mit dem herrlichen britischen Humor. Die Schriftstelllerin Evadne Mount löst mit detektivischem Spürsinn diesen Fall und geht dieser Passion noch in zwei weiteren Romanen nach.

Die Bücher sind im Heyne Verlag erschienen.

Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt

Dieses Buch lebt von den zwei völlig unterschiedlichen und doch gleichermaßen verschrobenen Hauptpersonen mit der gemeinsamen Leidenschaft Maß zu nehmen. Der große Mathematiker Professor Gauß, der seit Ewigkeiten nicht mehr aus seiner Stadt Göttingen heraus gekommen ist und dort jeden Hügel mit größter Pingeligkeit vermessen hat auf der einen und der Naturforscher Alexander von Humboldt auf der anderen Seite. Der wiederum hat die entlegendsten Winkel der Erde besucht und dort die Ungenauigkeit der bisher verwendeten Karten aufgedeckt, hat sein Leben riskiert um am Amazonas einen bedeutungslosen, entlegenen Kanal zu finden von dem er gehört hatte.

Im gesetzten Alter lädt also Alexander von Humboldt Professor Gauß zu einem Kongress nach Berlin ein, der wollte erst gar nicht hinfahren und überwindet sich dann doch. Während seiner Reise dorthin werden in Rückblicken die beiden verschrobenen und etwas weltfremden Männer und ihre Leidenschaft für die Vermessung der Welt vorgestellt. Und trotz dieser gemeinsamen Leidenschaft merkt der Leser bei der Beschreibung ihrer völlig unterschiedlichen Lebensläufe, dass hier zwei Welten aufeinander treffen werden – auch wenn beide gut vermessen sind. Das ganze gipfelt dann in der ersten persönlichen Begegnung zwischen den beiden großen Männern, die vor Witz und Charme nur so sprüht.

Auch wenn hier zwei Wissenschaftler in ihrer wissenschaftlichen Arbeit vorgestellt werden lässt sich das Buch auch für den Nichtmathematiker hervorragend lesen. Zum einen weil aus dem Zusammenhang immer hervor geht um was es in ihrer Arbeit geht, zum anderen weil diese Arbeit nicht im Vordergrund steht, wichtig sind  vor allem die Charaktere und die könnten besser und lebendiger nicht beschrieben sein.

David Foster Wallace: Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich.

Wer nach der Lektüre dieses Buches noch eine Kreuzfahrt machen möchte, ist selber schuld.

Ich habe einen knallroten Jogginganzug gesehen, mit extrabreitem Revers. Ich habe erfahren wie Sonnenmilch riecht, wenn sie auf 21.000 Pfund heißes Menschenfleisch verteilt werden. Ich habe einen dreizehnjährigen Jungen gesehen, der ein Toupet trug, ich war Zeuge wie eine Frau in Silberlamee einen gläsernen Aufzug von innen flächendeckend vollgekotzt hat. Ich habe Gepäckstücke und Sonnenbrillen in schreienden Neonfarben, Hosenanzüge in blasslila, Sakkos von menstrualem Rosa und braun-violette Trainingsanzüge gesehen. Ich habe erwachsene US-Bürger aus dem gehobenen Mittelstand gehört, die am Info-Counter wissen wollten, ob man beim Schnorcheln nass wird und ob die Crew ebenfalls an Bord schläft. Ich habe mich sogar (wenn auch nur kurz) in eine Conga-Polonaise eingereiht.

Wallace wurde von der Zeitschrift Harpers Magazin beauftragt ein Feature über Kreuzfahrten zu schreiben und dies hat er auf sehr komische Art und Weise getan.

Der einzige Wermutstropfen in diesem Buch sind die Fußnoten, sie gehen über Seiten und ich frage mich dann immer was das für einen Sinn hat, mich stören sie in meinem Lesefluss. Ich werde ständig von irgendwelchen Zahlen unterbrochen und muss am Ende der Seite oder des Kapitels nachschauen welche geistigen Ergüsse sich hinter den Zahlen verbergen.

Am besten finde ich das 13. und letzte Kapitel des Buches in welchem Wallace einen ganzen Tag an Bord der Nadir beschreibt. Er hat wirklich alles gemacht: Skeetschießen, Tischtennisturniere, Schachturniere gegen ein hochbegabtes Blag und so weiter und sofort und das ist so lustig erzählt das ich zeitweise das Buch weg gelegt habe, weil ich durch das viele Lachen heulen musste. Zusammenfassend kann ich eine absolute Leseempfehlung aussprechen.

David Foster Wallace hat sich leider im September 2008 das Leben genommen.

Das Buch ist im Mare Verlag erschienen.