Der Bücherblog

Archiv für die Kategorie 'Genre'

Martin Suter: Der Koch

Der schweizer Autor Martin Suter hat mit diesem Buch einen Roman über die Sinnlichkeit des kochens und mehr noch des essens vorgelegt.

Der Tamile Maravan, vor dem Bürgerkrieg auf Sri Lanka in die Schweiz geflohen, hat in seiner Heimat von der Großtante Nangay die Kunst des Kochens gelernt. Die aphrodisierenden Gerichte der ayurvedischen Kochkunst kombiniert er mit Verfahren aus der modernen molekularen Küche und erzielt so eine unglaubliche Wirkung: Hemmungen fallen, erkaltete Gefühle flammen wieder auf, Paare die so gar nicht recht zueinander passen wollen landen unweigerlich miteinander im Bett.

Wegen seines Aufenthaltsstatus darf er nur als Küchenhilfe arbeiten, im Nobelrestaurant Chez Huwyler verguckt er sich in seine Kollegin Andrea. Als beide gekündigt werden gründen sie im Verborgenen den Cateringservice Love Food.

Erst arbeiten sie mit einer Eheberaterin zusammen, die mit beachtlichen Erfolgen Paare in der Krise zu ihnen schickt. Als wegen eines dummen Fehlers von Andrea diese Zusammenarbeit endet, müssen sie sich neue Kunden erschließen.

Dann wird die Sache schmutzig und sie geraten an äußerst zwielichtige Geschäftsleute, von denen sie für erotische Menüs mit Prostituierten gebucht werden.

Einer davon ist Dalmann, der sich selbst zwar nicht die Finger schmutzig macht sondern als klassischer Networker nur Kontakte vermittelt, damit spielt er aber eine Schlüsselrolle bei Geschäften von Waffenschiebern und auch für den weiteren Verlauf des Romans.

Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise, immer wieder wird auf Ereignisse angespielt, die wir noch gut in Erinnerung haben. Ein weiteres großes Thema ist der oft schmutzig geführte Kampf der LTTE, der Befreiungstiger von Tamil Eelam, dem Maravan so gar nichts abgewinnen kann – in den er aber selbst im Exil in Zürich noch unfreiwillig verstrickt wird.

Im nachhinein fand ich das Buch gut und kann es durchaus empfehlen, auch wenn ich eine etwas andere Erwartungshaltung hatte. Ich hatte „normalere Gerichte“ erwartet, diese molekulare Küche sagt mir nicht viel, dafür bin ich vielleicht auch einfach zu bodenständig. Kochen und essen kann meiner Meinung nach so schon sinnlich genug sein, ohne dass man sich so eine Art „Zaubermenü“ ausdenkt bei dem jeder sofort schwach wird. Für die Handlung ist das allerdings unerlässlich, sonst funktioniert die Geschichte nicht, daher konnte ich mich beim lesen dann auch damit versöhnen. Die Rezepte aus dem Buch die er am Ende noch mal angehängt hat, sind auch dementsprechend nicht wirklich nachkochbar, ich habe nun mal keinen Rotationsverdampfer in der Küche stehen.

Simon Urban: Plan D

Stell Dir vor, die BRD und die DDR wären nie wiedervereinigt und die Mauer wäre nie eingerissen worden, die Menschen hier und dort müssten weiter mit der Trennung leben. Ganz im Gegenteil, die DDR wäre mit frischem Geld wiederbelebt worden und würde nun um Einwanderer buhlen, die am Kapitalismus gescheitert sind. Oskar Lafontaine ist Kanzler der BRD, Otto Schily und Gregor Gysi haben einflussreiche Posten in der wiederbelebten DDR, Angela Merkel hat nie geheiratet, heißt Kasner und ist Physik Nobelpreisträgerin. Sahra Wagenknecht ist eine beliebte Schauspielerin des Ostens und der Trabbi heißt jetzt Phobos und wird mit Rapsöl angetrieben.

Plot der Geschichte ist der Mord an einem ehemaligen Mitarbeiter von Egon Krenz, der ganz nach einem Auftragsmord der Stasi aussieht.
Das alles hört sich erst mal sehr interessant wenn auch beängstigend an, aus diesem Grundgedanken heraus hätte man eine ganz hervorragende Geschichte schreiben können. Leider geht es im Wesentlichen nicht darum, sondern eher um die Umstände unter denen der Hauptdarsteller der Geschichte, Hauptmann der Vopo Alfons Wegener, seine Lebensgefährtin verloren hat und dass das alles ja so schrecklich ist und er ihr über nahezu 551 Seiten hinweg nachtrauert. Mich nervt das total, weil ich es einfach so schade finde dass der Autor es nicht schafft, den Leser mit der genialen Grundidee zu fesseln.

Die Wiederbelebung der DDR hat nicht funktioniert, das macht der Autor auch mit der harten und ernüchternden Sprachwahl klar.

Plan D ist bei Schöffling & Co erschienen.

Jochen Malmsheimer: Halt mal, Schatz

Nach Achtung Baby! von Michael Mittermeier möchte ich jetzt noch ein Buch über das Vater werden vorstellen, das ich noch erheblich amüsanter fand als das von Mittermeier.

Der Untertitel dieses Buches lautet Alles über die Planung, Kiellegung, Stapellauf und Betrieb eines Babys, es fängt also bei der Entschlussfassung ein Kind zu bekommen an und reicht bis zum ersten Geburtstag des Nachwuchses. Dazwischen geht es auch noch um Geburtsvorbereitungskurse, deren Nutzen im Ernstfall, Namensgebung, Krabbel- und Jungvätergruppen usw. usf. Die Themen sind denen in Mittermeiers Buch sehr ähnlich, aber Jochen Malmsheimer hat eine ganz andere Art zu schreiben. Er schreibt in einer verschachtelten Sprache mit endlosen Sätzen, würzt das ganze mit Fremdworten und veralteten Vokabeln. Diesen Stil treibt er so auf die Spitze, dass man einfach nur schreien könnte vor lachen. Auch die Wortwahl ist sehr schön gewählt, so nennt er seine Frau „Die Einzige“ und sein Kind „Die Frucht seiner Lenden“ etc.

Man merkt seinem ganzen Stil an, dass er vom Kabarett kommt und so verteilt er auch Seitenhiebe in alle möglichen gesellschaftlichen und politischen Richtungen. Das macht seinen Humor ein gutes Stück abwechslungsreicher als den in Achtung Baby! da Mittermeier sich ein bisschen zu oft an Filmzitate und -vergleiche hält.

Um die Neugier noch ein wenig mehr anzufachen hier ein paar Zeilen aus dem zweiten Kapitel, nachdem er sich entschieden hat seiner Einzigen den Kinderwunsch mitzuteilen:

Dann hielt ich inne, sann nach und ließ mich wieder zurückfallen. Wie denn stellt man diese Frage überhaupt, wenn man die Politur des Morgens nicht verkratzen und die Liebste nicht zum abrupten Aufstehen nötigen will, um somit das Unterfangen durch Flucht der Hauptperson schon vor dem eigentlichen Beginn scheitern zu lassen?

Wie erklärt man der Einzigen, dass man ein Kind will?

Und das auch noch von ihr.

Und nicht geschenkt, sondern auf die klassische Art und Weise, also mit Geburt und allem.

Und Windeln.

Und Geschrei. Und monatelangem Stillen.

Und partiellem Berufsverzicht. Und Nachtschlafmangel. Und mit Verlust aller sozialen Kontakte.  […]

Und nichts ist mehr wie sonst.

Und das für immer.

Als ich so weit gedacht hatte, ließ mein Kinderwunsch, den ich bereits über Jahre verspürt und liebevoll gepflegt hatte, plötzlich ganz sachte nach, aber nur, um Sekunden später in seiner ganzen Pracht erneut zu erblühen. Jetzt aber deutlich wider besseres Wissen.

Ich richtete mich auf, wandte mich der Einzigen zu, die mich verschlafen, aber liebevoll anblinzelte, und sagte: „Guten Morgen, Liebling.“

Das war, wie ich fand, eine einigermaßen unverfängliche Eröffnung. Ich war bemüht, mir meinen Impetus nicht anmerken zu lassen, aber auch ihre frühmorgendliche halbschlafbedingte Wehrlosigkeit so weidlich als irgend möglich auszunutzen.

Ich denke dieser kleine Ausschnitt spricht für sich, ich kann das Buch jedenfalls empfehlen, insbesondere Lesern die bereits Eltern sind, es bald werden oder irgendwann einmal werden wollen.

Lauren Weisberger: Der Teufel trägt Prada

Ich habe das Buch angefangen zu lesen, weil ich jedem Buch eine Chance gebe, aber ich musste aufhören zu lesen, weil dieses Buch absolut flach ist und ich Angst hatte zu verblöden! Kurz und gut: mein erster Verriss.

Alan Bradley: Flavia de Luce Mord im Gurkenbeet

Es geschieht ein Mord auf Buckshaw, dem Anwesen der Familie de Luce. Ein Toter liegt im Gurkenbeet, mit dem Mann hat sich Colonel de Luce ein paar Stunden zuvor heftig gestritten. Diesen Streit habe Flavia de Luce und der Hausangestellte Dogger mitbekommen. Alles spricht dafür, dass der Colonel der Mörder ist und kurz danach wird er auch wegen dringendem Tatverdacht festgenommen. Flavia, die elfjährige und jüngste Tochter beginnt mit ihren eigenen Ermittlungen. Ihrem Weg säumen Zauberer, schwarze und orange Briefmarken und allerlei sonstige ungewöhnliche Ereignisse, die sie alsbald selbst in Lebensgefahr bringen.

Flavia ist elf Jahre alt, total altklug und neugierig und sehr, sehr fies zu ihren älteren Schwestern Daffy und Feely. Ihr liebstes Hobby ist die Chemie, die sie in ihrem eigenen Labor zelebriert – im Klartext: sie ist eine kleine Giftmischerin. Ihre Schwestern müssen immer als nichtsahnende Versuchskaninchen für diverse giftige (aber einigermaßen ungefährliche) Cremes oder Lippenstifte herhalten. Außerdem ist sie eine begnadete Hobbydetektivin, was sie hier vortrefflich unter Beweis stellt. Sie erinnert in meiner Phantasie äußerlich ein bisschen an Wednesday Addams, was aber wohl an dem Coverbild liegt.

Ich mag den Charakter der Flavia sehr, obwohl mir normalerweise so altkluge Kinder auf den Wecker gehen, zum Beispiel in den Büchern Die Karte meiner Träume oder in Extrem laut und unglaublich nah. Ich denke das liegt daran, dass ich in Flavia trotz aller Gescheitheit immer noch das Kind erkennen kann.

Die Geschichten mit Flavia sind als Serie angelegt. Der zweite Teil Mord ist kein Kinderspiel ist schon veröffentlicht und wird meine nächste Lektüre sein. Der dritte Teil Halunken, Tod und Teufel erscheint im Oktober.

Mord im Gurkenbeet ist im Penhaligon Verlag erschienen.